Wasserfall

12.06.2023

Erfahrungsbericht von Mirjam zum Auslandssemester an der Griffith University

Ich war als Freemover (also ohne Austauschprogramm) von Oktober 2022 bis Februar 2023 an der Griffith University in Gold Coast, Queensland. Unterstützt wurde ich dabei von GOstralia!-GOmerica!, die die Kommunikation mit der Uni übernahmen und mich bei der ganzen Organisation erstklassig unterstützten und begleiteten. Die Gold Coast ist ein wunderschöner Ort, und die Uni kann ich uneingeschränkt für einen Auslandsaufenthalt empfehlen.

Ziele und Erwartungen

Ich wollte eine andere Universität und Lehrkultur erleben, außerdem ein neues Land und seine Menschen kennenlernen, und mein Denken herausfordern lassen. Außerdem wollte ich einige Kurse belegen, die an meiner Uni in Deutschland nicht angeboten werden.

Planung und Organisation

Für mein Auslandssemester habe ich zunächst die Kurse festgelegt, die mich interessierten. Dabei kann man sich an den Kursen orientieren, die im betreffenden Semester des Vorjahres angeboten wurden. Für diese Kurse musste ich dann ein Learning Agreement mit meiner Uni abschließen. Die Kurswahl insgesamt war etwas umständlich, weil ich für manche Kurse von der australischen Uni nicht zugelassen wurde und weil andere von meiner Uni in Deutschland nicht anerkannt wurden. Insgesamt macht es Sinn, dafür ein paar Schleifen einzuplanen, also mindestens zwei Monate vorher die Kurse auswählen (ich war mit 6 Monaten vorher früh dran).

Sobald die Zusage von der Uni da ist, kann man sich um Visum und Flüge kümmern. Das Visum geht normalerweise innerhalb weniger Wochen durch. Daher ist es möglich, einen Auslandsaufenthalt relativ kurzfristig zu organisieren. Ich habe ein halbes Jahr vorher angefangen, und das war schon beinahe zu früh.
Meine Unterkunft habe ich von Australien aus organisiert.

Gold Coast – Die Stadt und Umgebung

Gold Coast hat sich in den letzten Jahren zu einem beliebten Urlaubs- und Touristenort entwickelt und ist meiner bescheidenen Meinung nach die beste Gegend für ein Auslandssemester in Australien.

Die ganze Küste besteht mehr oder weniger aus Strand und das Meer ist warm genug, um stundenlang zu baden oder zu surfen. Mit Surfers Paradise hat Gold Coast das Nachtleben und mit Burleigh Natur und Strand vereint. Das Hinterland mit den bergigen, subtropischen Regenwäldern ist wunderschön für Wanderungen und Tagesausflüge. (Auf jeden Fall in den Springbrook und Lamington Nationalpark gehen). Wer gern ausgeht, kommt in Surfers Paradise auf seine Kosten. Ich war lieber in der Natur: Wandern in obigen Nationalparks, am Lake Coombabah (10 Autominuten nördlich der Uni )können Kängurus und Koalas in freier Wildbahn beobachtet werden, im Currumbin Wildlife Center erfährt man in beeindruckenden Shows und Touren über Tiere, die in der Gegend beheimatet sind.

Zum Shoppen ist das Pacific Fair-Einkaufszentrum legendär (und es ist auch einen Besuch wert, weil es so riesig ist), mein Schwabenherz hat aber Harbour Town Outlet favorisiert, da es billiger war. Abgesehen von den vielen Ausflugs- und Unterhaltungsmöglichkeiten lohnt es sich, einfach nur die Menschen an der Gold Coast kennenzulernen. Mir gefällt die offene, lockere Art der Australier und ihre Liebe zum Draußensein. Die Sonne geht dort im Sommer sehr früh auf (ca. 4.30 Uhr) und auch vergleichsweise früh unter (ca. 19 Uhr), daher sind viele Menschen früh unterwegs. Das hat mich inspiriert, meinen Tagesablauf umzustellen, und ebenfalls früh aufzustehen und viel draußen zu sein.

Wohnen und Leben

Lebenshaltungskosten: Das Leben in Australien ist leider allgemein teurer als in Deutschland. Das war schon vor 2020 so, aber infolge der Corona-Pandemie und weiterer Krisen hat die Inflation auch in Australien zugeschlagen. In Queensland sind besonders im letzten Jahr die Mieten gestiegen (weil die Australier aus Victoria und New South Wales festgestellt haben, dass sie mit Home-Office-Regelungen auch an der schönen Gold Coast wohnen können statt im regnerischen Melbourne). Möglicherweise entspannt sich das in nächster Zeit wieder, aber für mich war es schwierig eine Unterkunft zu finden. Ich bin dabei bis an den Rand meines Budgets gegangen, 250 AUD pro Woche, und würde für mein nächstes Auslandsvorhaben eher 300 AUD pro Woche einkalkulieren. (In den 250 Dollar waren immerhin alle Nebenkosten enthalten.)

Wohnung finden: Ich habe mich für die erste Woche in ein Hostel einquartiert und von dort aus nach Wohnungen gesucht. Eventuell würde ich das jetzt für 2 Wochen im Voraus buchen (am besten so, dass man die zweite Woche kostenfrei stornieren kann). Fündig geworden bin ich über flatmates.com.au (anrufen statt E-Mail). Wohnheime sind etwas teurer als ein WG-Zimmer. Nicht nur deshalb, sondern auch um leichter Locals kennenzulernen, empfehle ich eine WG oder homestay (bei einer Familie wohnen). Ich hatte während meiner Zeit beides, und bin sehr froh über die Freundschaften, die sich daraus ergeben haben. Außerdem hat mich mein Vermieter mit seiner Familie auf eine Bootstour genommen, hat mein Fahrrad repariert, und er und seine Frau kommen mich wahrscheinlich nächstes Jahr in Deutschland besuchen. Das sind die Begegnungen, die einen Auslandsaufenthalt wert machen. Wenn möglich, ist eine Unterkunft nahe der Tram sehr zu empfehlen. Es gibt nur eine Tramlinie, aber diese fährt zuverlässiger und schneller als der Bus. Facebook-Marketpace und gumtree.com.au sind beliebte Gebrauchtwarenbörsen. Ersteres ist so beliebt, dass sich manche meiner Kommilitonen extra dafür einen Facebook-Account angelegt haben.

Ich habe darüber ein Fahrrad, zwei Surfboards und ein Surfskate gekauft und teilweise wieder verkauft.

Griffith University

Von der Uni war ich sehr begeistert. Schon allein ästhetisch übertrifft sie meine Uni in Deutschland bei weitem. Der Campus ist wunderschön mit vielen unterschiedlichen Lernflächen und liegt mit der Tram nur eine knappe halbe Stunde vom Strand entfernt. Auch die Betreuung und Unterstützung fand ich super – ich bin mir öfter wie eine Kundin vorgekommen statt einer Studentin. Es gibt viele Hilfs- und Unterstützungsformate. Ich habe beispielsweise Schreib-Coaching in Anspruch genommen und extrem hilfreiches Feedback erhalten. Die Kurse, die ich gewählt habe, fand ich im Vergleich zu den Veranstaltungen in Deutschland wesentlich interaktiver, nachhaltiger und besser betreut. Ich musste außerdem mehr wissenschaftliche Arbeiten lesen (zu Hause reichte meist das Vorlesungsskript).

Der größte Unterschied besteht vermutlich darin, dass die Prüfungsleistung in allen Kursen auf 2 bzw. 3 Assignments aufgeteilt ist, die während des Semesters erbracht werden müssen. Die Assignments können unterschiedliche Formate aufweisen; von Multiple-Choice-Quizzes über Präsentationen und Hausarbeiten ist alles dabei. Vorteilhaft hier ist, dass man gegen Ende des Semesters einfach fertig ist – es gibt keine Lernphase mehr, weil schon alles erledigt wurde. Dafür muss man während des Semesters mehr arbeiten. Mein Fazit: Die australischen Unis betreiben vermutlich das nachhaltigere Lernen, mir ist der Prüfungsstress mit einem entspannten Semester trotzdem lieber, aber das ist sicher Geschmacksache.  Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass die Uni keine Mensa hat. Stattdessen gibt es in und um den Campus Filialen von verschiedenen Restaurantketten. Das macht das Essen abwechslungsreich, dafür aber leider auch teuer. Ich habe mir meist Essen von zu Hause mitgenommen.


Ein paar Worte zu Trimester 3:

Dieses Trimester bietet sich für viele deutsche Studierende an, weil es sich ziemlich mit unserem Wintersemester deckt. Allerdings läuft dieses Trimester ein bisschen anders als die übrigen beiden:

- Weniger Leute und darunter mehr internationale Studierende: Trimester 3 wird von vielen Australiern als Urlaubstrimester genutzt. Aus diesem Grund sind weniger Studenten als üblich auf dem Campus zu finden, und das Verhältnis von internationalen zu einheimischen Studierenden ist größer.
- Andere Kurs-Angebote: Einige Kurse, die in den ersten Trimestern in Präsenz angeboten werden, finden in T3 online oder gar nicht statt. Das hat meine Kursauswahl eingeschränkt, vor allem, weil man als internationale Studentin maximal einen Kurs online besuchen darf. (Offiziell zumindest, ich habe auch von Kommilitonen gehört, die mehrere online-Kurse besuchten.) Außerdem finden viele Kurse im intensive mode statt. Das bedeutet, dass der Stoff von 12 Wochen in 3, 4 oder 6 Wochen bearbeitet wird.

Entsprechend intensiv ist das ganze dann auch. Es heißt, man solle nicht mehr als einen intensive course belegen. Ich hatte das auch vor, es stellte sich dann allerdings heraus, dass alle meine gewählten Kurse intensive courses waren (das hatten sie wohl in der Beschreibung vergessen). Glücklicherweise hat das sich das bei mir gut gefügt mit wenigen Überlappungen. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, bei der Kurswahl auf den Modus zu achten, weil schlimmstenfalls zu viele Assignments in zu kurzer
Zeit bearbeitet werden müssen. Insgesamt gefiel mir der intensive mode aber gut, weil man sich in einer kürzeren Zeit sehr intensiv mit einem Thema beschäftigt und den Kurs dementsprechend schneller abgeschlossen hat. Ich habe meine Assignments beispielsweise zwei Wochen vor dem regulären Semesterende abgegeben und hatte somit mehr Zeit für das Reisen am Ende des Semesters.

- Weniger Freizeit-Angebote: Manche Clubs („Uni-Vereine“) pausieren. Ich wollte z.B. dem Surf-Club beitreten, der aber über das T3 nicht stattfand. Andere Clubs treffen sich trotzdem wie beispielsweise Volleyball, Fußball oder Schwimmen – man muss sich einfach darauf einstellen, dass vielleicht nicht alles, was auf den entsprechenden Internetseiten zu finden ist, inTrimester 3 auch wirklich stattfindet.

 Nachhaltigkeit

Was Verkehrsmittel anging, habe ich mich Australien ein bisschen in der Zeit zurückversetzt gefühlt. Die Infrastruktur ist auf Autos ausgelegt. In der Stadt bin ich aber auch ohne Auto gut klargekommen.
Ich habe mir ein gebrauchtes Fahrrad gekauft und die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt. (Randnotiz zum Fahrrad: Ein gutes Schloss besorgen. Mein Fahrrad und das eines Kommilitonen wurde an der Uni leider geklaut.) Nach Brisbane fährt ein Zug in weniger als einer Stunde für nur 5 AUD pro Fahrt. Die Ostküste kann leicht per Greyhound bereist werden, das geht auch für Wochenendtrips nach Byron Bay und Noosa. Für Wanderungen im wunderschönen Hinterland ist ein Auto allerdings zwingend notwendig. Dafür kann man sich aber mit anderen zusammen ein Auto mieten – oder Freunde finden, die ein Auto haben und einen mitnehmen.

Fazit

Für mich war die Zeit sowohl in persönlicher als auch professioneller Hinsicht überaus bereichernd. Meine Ziele wurden alle erfüllt und meine Erwartungen übertroffen. Was ich nicht erwartet habe, ist, wie beeindruckend dieses Land ist. Die Schönheit der Landschaft ist umwerfend, die Kultur ist aufgeschlossen und entspannt und das Wetter ist – zumindest an der Gold Coast – traumhaft. Ich bin mehr als glücklich und sehr dankbar für meine Zeit an der Gold Coast und empfehle allen, die noch unentschlossen sind, ob sie ein Auslandssemester wagen sollen: Tut es! Keiner meiner deutschen Kommilitonen hat es bereut, und es erweitert den Horizont ungemein und bereichert mit Erfahrungen und Lernerlebnissen, die man in heimischen Gefilden niemals machen kann.